Solange die Sexismus-Debatte medial präsent geführt wurde, habe ich mich als Mann nicht daran beteiligt. Das Thema waren die Probleme der Frauen mit den Männern, und wenn sie diese ausdrücken und publik machen wollen, hat man als Mann nicht dazwischenzufunken. Jetzt aber, wo die Präsenz der Debatte zurückgegangen ist und das Meiste gesagt scheint, möchte ich meinen Eindruck von der Debatte aufschreiben. Über die Fehler der Männer, des Chauvinismus, der Gesamtgesellschaft wurde aufgeklärt. Sie sollten nun wieder richtigerweise im Bewusstsein der Gesellschaft angekommen sein. Allerdings ist mir aufgefallen, dass auch manche der Kläger nicht frei von Fehlern sind.
Disclaimer: Ich schreibe hier lediglich über eine kleine Gruppe dogmatischer FeministInnen. Den Großteil der Engagierten halte ich für hoch respektable, vernünftige Menschen und ihre Arbeit für sehr, sehr richtig und wichtig!
Doch beginnen wir mit einer eher theoretischen Einleitung.
"Only a Sith deals in Absolutes"
Ben Kenobi
Und damit steht der Sith hier stellvertretend für alle Dogmatiker. Ich bin der Meinung, man kann nie ein endgültiges Urteil zu irgendetwas finden - Doch es gibt zu jedem Stand der Dinge eine Theorie, die unter den gegebenen Umständen die Situation am Besten beschreibt und solange als gültig angenommen werden muss, bis die Umstände sich ändern oder eine neue, bessere Theorie zu den aktuellen Umständen gefunden ist.
Es gibt also kein finales, absolutes Urteil außerhalb geschlossener logischer Systeme wie der Mathematik. Nur mit dieser Einsicht bei allen Beteiligten kann eine konstruktive Debatte stattfinden. Theorien müssen falsifizierbar, Meinungen müssen reflektierbar und änderbar sein.
Ist diese Bedingung jedoch nicht erfüllt, und das ist sie in der Realität leider in den wenigsten Fällen, wird mindestens eine Seite nicht willens sein, auf die andere einzugehen.
So viel zur Theorie, nun zum eigentlichen Thema: Ich stolperte (Hach, ist Imperfekt schön) heute über einen taz-Artikel, der folgendes Zitat enthielt:
Ein Text der Emma-Nachwuchsredakteurin Alexandra Eul fällt auf: Sie ist reumütig von Miniröcken und Highheels übergegangen zu blickdichten Strumpfhosen und flachen Schuhen. Und meint allen Ernstes, dass schön zurechtgemachte Frauen im Beruf das Signal aussenden, sie seien nicht ernst zu nehmen. Da hat eine Emma-Correctness zugeschlagen, die im Rest der Welt keine mehr versteht.Hier bringt die Autorin sehr schön das auf den Punkt, was mich an manchen eigentlich lobenswert gegen Sexismus engagierten Menschen stört: Jegliche Präsentation von Weiblichkeit im Sinne der oft gescholtenen gesellschaftlichen Normen wird als unter Zwang ausgeführt angenommen. Den eigenen Willen zur Selbstpräsentation gibt es nicht; immer ist die Gesellschaft schuld und die Handelnde gezwungen. Und wenn sie selbst es auch nicht weiß: Die Frau, die hohe Absätze trägt und Kurven und Bein zeigt, ist ein Opfer des gesellschaftlichen Chauvinismus und nicht etwa frei in ihrer Entscheidung, sich so zu präsentieren.
Dieses Dogma, zusammen mit dem kritischen Blick auf jene Männer, die dann auch gerne hinschauen oder - Schwarzer bewahre! - sogar äußern, dass ihnen das Gesehene gefällt, bringt uns zurück zu meiner obigen theoretischen Einleitung. Bei allem Respekt ob des Engagements aller FeministInnen - einige unter ihnen sind leider nicht in der Lage, sich der Tatsache zu öffnen, dass das Ideal der Frau, nach dem sie streben, eben nur ihr eigenes, subjektives Ideal ist und kein allgemein gültiges, für dessen Nichteinhaltung sie andere Frauen verurteilen dürfen.
Es ist kein Naturgesetz, dass Frauen, die anstatt von blickdichten Strumpfhosen und flachen Schuhen lieber Absätze und Figurbetontes tragen, sich damit per se automatisch zum Objekt degradieren. Ein Mann, der Frauen als Objekte betrachtet (In den Augen besagter DogmatikerInnen also jeder Mann), betrachtet sie auch als solche, wenn sie blickdichte Strumpfhosen und flache Schuhe tragen. Allerdings dann als ein Objekt, das weniger begehrenswert ist als Andere. Ein Mann, der Frauen als Menschen und nicht als Objekte betrachtet (Also meiner Erfahrung nach die Mehrheit aller durchschnittlichen Männer) betrachtet Frauen auch dann nicht als Objekte, wenn sie sich aufreizend kleiden.
Es handelt sich also meiner Meinung nach nicht um einen direkten kausalen Zusammenhang, wie manchmal behauptet wird. Vielmehr hängt die Sichtweise auf Frauen vom Mindset des Mannes ab als von ihrer Art, sich zu kleiden.
Natürlich hat die Mehrheitsmeinung mittelbar über den Herdentrieb des Menschen, der sich in Gruppenzwang ausdrückt, einen Einfluss auf das Individuum. Allerdings geht es dabei weniger um die Meinung einer Gesamtgesellschaft, sondern vielmehr um die der direkten sozialen Umgebung besagten Individuums, bestehend aus Familie, Freunden, Arbeitsplatz und anderen Peer-Groups. Die Zusammenhänge sind auch hier vielschichtiger und komplexer, als der Vorwurf, die chauvinistische Gesellschaft würde Frauen dazu zwingen, ihren Alltag zur "Fleischbeschauung" (Ein Wort, das in manchen kreisen öfter gebraucht wird, als man denkt) umzufunktionieren, es vermuten lässt.
Ergo: Vorurteile, Dogmatismus und Ignoranz sind Fehler, von denen niemand frei ist. Auch unter den Emma-FeministInnen gibt es FundamentalistInnen, die sich stärker von ihrer Ideologie (und der ihrer Umgebung) als von ihrem sicherlich vorhandenen gesunden Menschenverstand leiten lassen.
Und faszinierend ist hier festzustellen: Auch die beschriebene Gruppe wird in ihrem Denken und Handeln von den Erwartungen ihrer Peer-Group geleitet. Man ist einfach nicht Emma-lesende Fundamental-Feministin und trägt High-Heels, schon allein nicht, weil man komisch angeguckt werden würde. Also sind auch sie logischerweise nicht frei von dem Verhaltensmuster, das sie selbst an anderen kritisieren. Natürlich ist das niemand, allerdings erfüllen die Behandelten damit selbst nicht ihre eigenen moralischen Ansprüche (Die nebenbei gar nicht zu erfüllen sind) und machen sich damit selbst unglaubwürdig.
Auf Die Zeitschrift "Emma" als solche sowie ihre Herausgeberin Alice Schwarzer als zentrale Manifestationen der beschriebenen Denkweise werde ich vielleicht ein anderes Mal detaillierter eingehen, dazu braucht es mehr Vorbereitung.
Damit wäre mein roter Faden vorerst am Ende,
Fortytwo
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